Grundstein für den Chile-Germany Business Council gelegt

„Mit dem neuen Chile-Germany Business Council wollen wir die Chance nutzen, um die Zusammenarbeit mit Chile zu stärken und auf neue Kooperationsbereiche auszuweiten“, erklärte Tim Oliver Holt, Vorstandsmitglied der Siemens Energy AG und Mitglied des Lateinamerika-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (LADW), heute in einer Liveschaltung im Hamburger Rathaus. „Das Momentum dafür ist da. Wir brauchen uns nur die aktuellen Herausforderungen in Europa anzusehen, wie Energie- und Rohstoffversorgung oder Diversifizierungsdruck, und sie mit den Potenzialen in Chile und Lateinamerika abzugleichen“, so Holt, der den Vorsitz des Chile-Germany Business Councils für die deutsche Seite übernimmt.

Der chilenische Industrieverband SOFOFA und der BDI vereinbarten die Etablierung des Chile-Germany Business Council mit der Unterzeichnung eines MoU im Beisein von Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister von Hamburg, und einer chilenischen Wirtschaftsdelegation.

„Der Chile-Germany Business Council ist für uns eine hervorragende Plattform, um unsere Zusammenarbeit mit langjährigen Partnern wieder neuen Schwung zu geben – gerade angesichts der neuen Globalisierung“, so Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. „Bei Lithium, Kupfer, erneuerbaren Energien, grünem Wasserstoff und Kreislaufwirtschaft gibt es zahlreiche Möglichkeiten, enger zu kooperieren.“ Für SOFOFA unterzeichnete das MoU Oscar Hasbún, CEO der Reederei Compañia Sud Americana de Vapores (CSAV) und Vorsitzender des Councils für die chilenische Seite.

„Die Chancen für die Kooperation von chilenischen und deutschen Unternehmen sind groß“, betonte Tim Holt. Das gelte besonders in den Bereichen Erneuerbare Energien und Grüner Wasserstoff, Nachhaltigkeit, Logistik und Rohstoffe. Chile und Deutschland könnten hier gemeinsam noch Vieles bewegen. Das Projekt „Haru Oni“ sei ein gutes Beispiel dafür.

Unterzeichnungszeremonie
I.E. Botschafterin Magdalena Atria (Botschaft von Chile), Dr. Peter Tschentscher (Erster Bürgermeister Hamburgs), Oscar Hasbún (CSAV/SOFOFA), Tim Holt (Siemens Energy/LADW), Wolfgang Niedermark (BDI), Cornelia Sonnenberg (AHK Chile) © LADW

Chile bietet sich der EU als Energiepartner an

Madrid, Paris, Berlin und London – das waren die Stationen der einwöchigen Reise von Nicolás Grau, chilenischer Minister für Wirtschaft, Entwicklung und Tourismus. Er besuchte Europa Ende September, um neue Investitionen in sein Land zu holen. Der Zeitpunkt ist günstig: Mit seinen großen Reserven an kritischen Rohstoffen wie Lithium und dem hohen Potenzial für erneuerbare Energien rückt der Andenstaat zunehmend in den Fokus der EU – auch angesichts der aktuellen Energiekrise in Europa.

Chile eigne sich für langfristige Investitionen, erklärte Grau in einem Gespräch mit der deutschen Wirtschaft am 30. September in Berlin. Das Land mit seinen knapp 20 Millionen Einwohnern habe eine stabile Demokratie mit funktionierenden Institutionen. Dies wurde nicht zuletzt mit der aktuellen Verfassungsreform unter Beweis gestellt: Anfang September lehnten zwar 62 Prozent der Chilenen den in den vergangenen Monaten erarbeiteten Entwurf ab, doch ein neuer Prozess ist in Vorbereitung. Und das alles ohne Unruhen, die noch 2019 das Land überrollt haben.

Viele Chancen locken zudem in Sektoren wie Bergbau, Energie, Digitalisierung oder Logistik ausländische Investoren nach Chile. Das Land ist auf dem Weg, ein wichtiger Lieferant für wettbewerbsfähigen grünen Wasserstoff zu werden. Deutschland und Chile verbindet bereits seit 2019 eine Energiepartnerschaft. In deren Rahmen führt Siemens Energy mit Porsche und weiteren Partnern das Projekt „Haru Oni“ zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und Folgeprodukten im Süden Chiles durch.

Große Chancen für die bilaterale Zusammenarbeit mit Chile birgt auch die Modernisierung des seit 2002 bestehenden Handelsabkommens mit der EU. Auf technischer Ebene wurden die Verhandlungen für das modernisierte Abkommen im Oktober 2021 abgeschlossen. Aktuell bereiten beide Seiten den politischen Abschluss vor.

Eine Steuerreform, die von Graus Ministerium vorbereitet wird, soll Chile attraktiver für Investitionen machen. Unternehmen und Verbraucher haben derzeit mit den höchsten Inflationsraten der letzten 30 Jahre zu kämpfen. Mit dieser Steuerreform könnte sich auch die Grundlage für Verhandlungen über das fehlende Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung zwischen Deutschland und Chile verbessern. In der gegenwärtigen Situation würde die deutsche Wirtschaft jede Erleichterung für Handel und Investitionen sehr begrüßen.

Chile Atacama
© Pixabay/Sebastian del Val

Mehr Dialog mit und über Lateinamerika

„Die jüngsten geopolitischen Entwicklungen bieten eine Chance für die Neupositionierung der EU und Deutschlands in der Zusammenarbeit mit Lateinamerika“, sagte Gunnar Kilian, LADW-Vorsitzender und Mitglied des Konzernvorstands der Volkswagen AG zur Eröffnung des ersten LADW-Abendempfangs am 2. Juni 2022 in Berlin. Es ginge aber nicht darum, kurzfristige Lösungen für akute Engpässe in Europa zu finden, sondern um den Aufbau langfristiger Partnerschaften zur gegenseitigen Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit, zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zur Schaffung von Wohlstand in beiden Regionen.

Im Anschluss an die jährliche LADW-Mitgliedersitzung kamen die Botschafterinnen und Botschafter der lateinamerikanischen Länder in Berlin mit Mitgliedern des Bundestages und ausgewählten Vertretern von Bundesregierung und Wirtschaft bei einem Abendempfang zusammen. Der persönliche Austausch in entspannter Atmosphäre im DRIVE. Volkswagen Group Forum stand im Mittelpunkt des Abends.

Durch den Ukraine-Krieg ist die strategische Bedeutung Lateinamerikas noch deutlicher geworden. Dort ist die höchste Demokratiedichte weltweit nach Westeuropa und Nordamerika. Mit Argentinien, Brasilien und Mexiko hat die Region zudem drei wichtige G20-Mitglieder. Und das Potenzial für mehr Kooperation bei erneuerbaren Energien, Rohstoffen, Digitalisierung oder Agrarwirtschaft überzeugt. Deutschland wäre gut beraten, seine Beziehungen zu dieser Region konsequent auszubauen.

„Wenn wir den Dialog mit Lateinamerika nicht verstärken, laufen wir Gefahr, die dort über Jahrzehnte aufgebaute Position der deutschen Industrie zu verlieren. Auf kaum einem Kontinent wird der Wettbewerb zwischen Unternehmen so intensiv ausgetragen wie in Lateinamerika“ betonte Kilian.

LADW-Vorsitzender Gunnar Kilian
LADW-Vorsitzender Gunnar Kilian, Mitglied des Konzernvorstands der Volkwagen AG
Botschafterin Frutas Ruiz (Paraguay), Gunnar Kilian und Thomas Silberhorn, MdB, Vorsitzender der Deutsch-Brasilianischen Parlamentariergruppe
Botschafterin Frutas Ruiz (Paraguay), Gunnar Kilian und Thomas Silberhorn, MdB, Vorsitzender der Deutsch-Brasilianischen Parlamentariergruppe
LAV-Vorsitzender Arthur E. Darboven, Dunja Kreiser, MdB, Vorsitzende der Deutsch-Mexikanischen Parlamentariergruppe, und Manuel Gava, MdB
LAV-Vorsitzender Arthur E. Darboven, Dunja Kreiser, MdB, Vorsitzende der Deutsch-Mexikanischen Parlamentariergruppe, und Manuel Gava, MdB
Vizeaußenministerin de Pereira (El Salvador), Ulrich Lechte, MdB, und Botschafterin Vilanova De von
Vizeaußenministerin de Pereira (El Salvador), Ulrich Lechte, MdB, und Botschafterin Vilanova De von Oehsen (El Salvador)
Botschafterinnen Kubas und Nicaraguas, Geschäftsträgerin a.i. Botschaft Jamaika, Anke Domscheit-Berg, MdB
Botschafterin Martinez Gonzalez (Kuba), Botschafterin Garcia Silva (Nicaragua), Deniese Sealey, Geschäftsträgerin a.i. Botschaft Jamaika, Anke Domscheit-Berg, MdB
Gunnar Kilian und Botschafter Maniglia Ferreira (Venezuela)
Gunnar Kilian und Botschafter Maniglia Ferreira (Venezuela)
LADW-Geschäftsführer Haddad, Botschafter Schialer (Peru) und ein Mitarbeiter der Botschaft Peru
LADW-Geschäftsführer Haddad, Botschafter Schialer (Peru) und ein Vertreter der peruanischen Botschaft in Berlin
Gunnar Kilian im Gespräch mit Botschafter Bellón Marrapodi (Uruguay)
Gunnar Kilian im Gespräch mit Botschafter Bellón Marrapodi (Uruguay)
Botschafterin Peralta Cordero (Costa Rica), Botschafterin Garcia Silva (Nicaragua), Botschafter Villagra Delgado (Argentinien) und AHK-Präsident Pastorino (Argentinien)
Botschafterin Peralta Cordero (Costa Rica), Botschafterin Garcia Silva (Nicaragua), Botschafter Villagra Delgado (Argentinien) und AHK-Präsident Pastorino (Argentinien)
Botschafter Buitrago Restrepo (Kolumbien), Botschafter Jaguaribe (Brasilien), Botschafter Villagra Delgado (Argentinien) und Botschafter Quiroga Fernández (Mexiko)
Botschafter Buitrago Restrepo (Kolumbien), Botschafter Jaguaribe (Brasilien), Botschafter Villagra Delgado (Argentinien) und Botschafter Quiroga Fernández (Mexiko)
Botschafter Lemcke Arevalo (Guatemala) und Arthur E. Darboven
Botschafter Lemcke Arevalo (Guatemala) und Arthur E. Darboven
Tim o. Holt, Vorstand Siemens Energy, und Botschafter Buitrago Restrepo (Kolumbien)
Tim O. Holt, Vorstand Siemens Energy, und Botschafter Buitrago Restrepo (Kolumbien)
Hr. Diaz Mamani, Geschäftsträger a.i. Botschaft Bolivien, und Hr. Núñez Maldonado, Geschäftsträger a.i. Botschaft Honduras
Hr. Diaz Mamani, Geschäftsträger a.i. Botschaft Bolivien, und Hr. Núñez Maldonado, Geschäftsträger a.i. Botschaft Honduras

© Christian Kruppa

Mexiko setzt weiterhin auf deutsche Unternehmen

Die erste Deutschlandreise eines hochrangigen Mitglieds der Regierung um Präsidenten López Obrador nach dem Ausbruch der Pandemie unternahm Wirtschaftsministerin Tatiana Clouthier, die zu Gesprächen mit der Wirtschaft am 23. und 24. Mai nach Berlin kam.

Neben der mexikanischen Handelspolitik, Themen wie Diversifizierung, Innovation und Integration sowie den Absichten Mexikos, seine Investitionsbeziehungen mit der Welt zu stärken, standen die Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit dem größten Handelspartner Deutschlands in Lateinamerika auf der Tagesordnung.

Das Potenzial für den Ausbau der bilateralen Kooperation ist trotz der Auswirkungen der Pandemie groß. Dafür bleiben jedoch verlässliche Rahmenbedingungen für die deutschen Unternehmen unabdingbar. Um das Geschäftsumfeld in Mexiko zu optimieren, sieht der LADW vor allem in den folgenden Bereichen Handlungsbedarf: Rechtssicherheit für Investitionen und Handel, Verbesserung der Sicherheitslage, wirtschaftsfreundliche Regulierungen, Modernisierung von Infrastruktur und Logistik und nachhaltige Diversifizierung der Wirtschaft.

Das Gleiche gilt für eine konsequente Freihandelspolitik, die entscheidende Anreize für Investitionen und Wachstum schaffen würde. Angefangen in der Region selbst: Die Förderung des intraregionalen Handels in Lateinamerika würde beispielsweise die mexikanische Wirtschaft weiter ankurbeln. Aber auch das modernisierte Handelsabkommen zwischen der EU und Mexiko könnte wichtige Impulse für mehr Investitionen und Handel geben. Beide Seiten sollten sich dafür einsetzen, dass das neue Abkommen bald ratifiziert werden kann.

Wirtschaftsministerin Tatiana Clouthier
Wirtschaftsministerin Tatiana Clouthier © DIHK
Besuch der Ministerin Clouthier
Victor Manuel Aguilar Pérez, Dr. Mark Heinzel (DIHK/LAI), Ministerin Tatiana Clouthier, Marcus Schwenke (BGA), Staatssekretärin Luz Maria de la Mora Sanchez, Rafael Haddad (LADW) © DIHK

Gemeinsam mit Lateinamerika globale Herausforderungen meistern

Lateinamerika-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (LADW) und Lateinamerika-Verein e.V. (LAV) haben heute ein Positionspapier mit Empfehlungen für die neue Bundesregierung veröffentlicht.

Für die deutsche Wirtschaft gewinnt die Kooperation mit den lateinamerikanischen Volkswirtschaften eine immer größere strategische Bedeutung, auch angesichts der steigenden globalen Herausforderungen.

Das Positionspapier konzentriert sich auf fünf Schwerpunkte:

1. Mit Lateinamerika sollte die Entwicklung von Technologien für Emissionsminderung und CO2-freier Stromerzeugung, der Kreislaufwirtschaft sowie im Bereich von IoT und KI gefördert werden. Die Region kann einen entscheidenden Beitrag für den Erfolg einer umfassenden ökologischen und digitalen Transformation leisten.

2. Die Lateinamerika-Politik der Bundesregierung sollte langfristig und ressortübergreifend vorangetrieben werden. Die vom Auswärtigen Amt initiierte Lateinamerika-Karibik-Initiative ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die deutsche Wirtschaft begrüßt es sehr, dass ihre Fortsetzung im Koalitionsvertrag verankert wurde.

3. Auch die europäische Zusammenarbeit mit der Region sollte von Deutschland proaktiv gestärkt werden. Dazu gehört insbesondere die Unterstützung für die Ratifizierung der EU-Handelsabkommen mit Mexiko, Chile und dem Mercosur.

4. Vor den brasilianischen Wahlen im Oktober 2022 sollte sich die neue Bundesregierung so positionieren, dass ein wirtschaftspolitischer Neustart mit jedweder brasilianischen Regierung möglich wird. Nur durch intensiven politischen Dialog auf höchster Ebene werden gemeinsame Lösungen z. B. beim Schutz des Regenwaldes gefunden.

5. Eine konsequente politische Flankierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der Region müsste durch die Bundesregierung erfolgen, um die Stellung der deutschen Industrie durch verbesserte Rahmenbedingungen in den lateinamerikanischen Ländern zu fördern.

Blatt
© Pixabay/Sangkuriank28

Deutsch-Brasilianische Wirtschaftstage dieses Jahr einmal anders

Wie können wir bei Klimaschutz zusammenarbeiten? Wie sieht die Zukunft des globalen Handels aus? Wie können wir uns gemeinsam auf Pandemien besser vorbereiten? – Diese und andere Fragen diskutierten 20 deutsche und brasilianische Vorstände und Entscheidungsträger auf unserem diesjährigen 38. Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstreffen.

Aufgrund der Pandemie fand die knapp dreistündige Konferenz am 18. Oktober digital statt. Auch ohne Delegationsreise und Präsenzveranstaltung in Brasilien war das Interesse auf beiden Seiten groß, sich über Zukunftstechnologien auszutauschen. Dazu gehörten Digitalisierung, Industrie 4.0, Erneuerbare Energien, grüner Wasserstoff, Medizintechnik und mehr.

„Die neue Bundesregierung muss den politischen Dialog mit Brasilien intensivieren“, forderte Gunnar Kilian, Vorsitzender des Lateinamerika-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (LADW) und Mitglied des Konzernvorstands der Volkwagen AG. Brasilien sei sehr wichtig für die deutsche Wirtschaft.

BDI-Präsident Siegfried Russwurm betonte, dass die Ratifizierung des EU-Mercosur Abkommens eine wichtige Grundlage für eine engere strategische Partnerschaft zwischen den europäischen Volkswirtschaften und Lateinamerika sei, die auch Deutschland und Brasilien sehr zugute komme. Er appellierte an die neue Bundesregierung, sich bei den EU-Institutionen für die Ratifizierung einzusetzen.

Für CNI-Präsident Robson Braga de Andrade ist ein Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung ein weiteres bedeutendes Instrument zur Intensivierung der bilateralen Zusammenarbeit. Dies würde auch dazu beitragen, Investitionen in beide Richtungen anzukurbeln. Gleichzeitig engagiere sich Brasilien weiterhin sehr aktiv für die Aufnahme in die OECD.

Die weltweiten Herausforderungen sind groß. Sie lassen sich nur gemeinsam bewältigen. Dabei ist Nachhaltigkeit ein zentrales Thema. Das Zusammenspiel von Ökonomie, Ökologie und Sozialem bekommt ein immer größeres Gewicht – auch in der deutsch-brasilianischen Zusammenarbeit. Das gilt für Umwelt- und Energiethemen genauso wie in der Gesundheitswirtschaft und anderen Bereichen.

Politik und Wirtschaft waren sich einig: Die Potenziale der bilateralen Zusammenarbeit sind noch lange nicht ausgeschöpft und sollten stärker genutzt werden.

Die nächsten gemeinsamen Wirtschaftstage finden vom 20. bis 22. November 2022 in Belo Horizonte statt.

 

Beitrag von Uta Knott, Senior Manager Lateinamerika im BDI

São Paulo
© Unsplash/Bruno Thethe

Starke Partnerschaft mit viel Ausbaupotenzial

Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Mexiko – das war der Konsens beim digitalen 2. Deutsch-Mexikanischen CEO Roundtable am 25. August 2021. CEOs und Vorstände beider Länder haben sich intensiv mit den Themen Digitalisierung, Rahmenbedingungen für Handel und Investitionen, Klimaschutz, Rechtsstaatlichkeit und Transparenz auseinandergesetzt. Ausgerichtet wurde das Treffen der 2019 initiierten Plattform von BDI und LADW in Kooperation mit den mexikanischen Wirtschaftsverbänden CCE, CONCAMIN und COPARMEX.

„Mexiko und Deutschland haben gute Voraussetzungen, gemeinsam die digitale und ökologische Transformation der Wirtschaft mitzugestalten“, stellte Michael Heinz, Stellvertretender LADW-Vorsitzender und Mitglied des Vorstands der BASF SE, fest. Als exportabhängige Nationen seien beide Länder darauf angewiesen, ihre Volkswirtschaft zügig an die neuesten Herausforderungen der Digitalisierung und des Klimawandels anzupassen, damit sie auch in Zukunft international wettbewerbsfähig blieben. „Klimaneutralität wird nur in enger Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft erreicht – und dies auf internationaler Ebene“, so Heinz.

BDI-Präsident Prof. Dr. Siegried Russwurm regte zudem eine engere bilaterale Zusammenarbeit auf globaler Ebene an: „In allen internationalen Organisationen sind Mexiko und Deutschland wichtige Verbündete. Positionen beider Länder zu Klimaschutz, globalen Sozial- und Umweltstandards, Transparenz und mehr sind weitgehend deckungsgleich. Darauf sollten wir aufbauen.“

Mexiko ist bereits zum größten Exportmarkt Deutschlands in Lateinamerika aufgestiegen. Und umgekehrt ist Deutschland der wichtigste Handelspartner des Landes in der EU. Mehr als 2000 deutsche Unternehmen mit oft über 100-jähriger Geschichte haben dort bereits einen großen wirtschaftlichen und kulturellen Einfluss.

Dennoch bleibt die Verbesserung der Rahmenbedingungen im Lande unabdingbar für den Ausbau der Kooperation. Themen wie Marktöffnung, Rechtsstaatlichkeit oder Fortschritte für die Sicherheitslage sind noch immer dringende Anliegen der Unternehmen. Eine zukunftsfähige Diversifizierung der Wirtschaft mit gut ausgebildeten Fachkräften, eine technologieorientierte und klimafreundliche Modernisierung der lokalen Industrie sowie der Ausbau von Logistik und Infrastruktur würden eine nachhaltige Entwicklung Mexikos vorantreiben.

Auch das modernisierte Handelsabkommen mit der EU könnte wichtige Impulse für mehr Investitionen und Handel setzen, insbesondere durch neue Marktchancen für deutsche Unternehmen auf dem Beschaffungs-, Agrar- und Dienstleistungsmarkt. Beide Seiten sollten alle Kräfte bündeln, damit das Abkommen bald ratifiziert werden kann.

Mexiko-Stadt
Mexiko-Stadt © Pixabay/Carlos Alcazar
Michael Heinz
Michael Heinz, Stellvertretender LADW-Vorsitzender und Mitglied des Vorstands der BASF SE © BASF SE

Wirtschaftsminister Paulo Guedes im Gespräch mit dem LADW

Ehrengast auf der diesjährigen Mitgliedersitzung des LADW war der Finanz- und Wirtschaftsminister Brasiliens Paulo Guedes. Die LADW-Mitgliedern haben mit dem Minister über die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage Brasiliens und die Perspektiven für die Zusammenarbeit mit Deutschland beraten.

Minister Guedes bekräftigte dabei, dass Brasilien sehr an der Kooperation mit der deutschen Wirtschaft interessiert sei. Die deutschen Gesprächspartner machten klar, dass dies auch ihrerseits gelte – gerade angesichts der Auswirkungen von Pandemie und Klimawandel für ein Exportland wie Deutschland. Darum sei auch das EU-Handelsabkommen mit dem Mercosur so wichtig. Dass seine Ratifizierung zwei Jahre nach dem politischen Abschluss noch nicht beginnen konnte, bereitet der deutschen Wirtschaft große Sorgen. EU und Mercosur sollen diese einmalige Chance für einen Ausbau der Zusammenarbeit unbedingt nutzen und für die letzten Schritte vor der Ratifizierung Kompromissbereitschaft zeigen.

Der angestrebte OECD-Beitritt seines Landes sei – laut Paulo Guedes – auf einem guten Weg und viele der Anforderungen an den öffentlichen Sektor, Umweltpolitik und soziale Belange bereits erfüllt.

Brasília
© Pixabay/Thorge

EU-Mercosur-Abkommen als Treiber für Nachhaltigkeit

Führende Unternehmen aus EU und Mercosur setzen auf das verhandelte Abkommen zwischen beiden Regionen als einen Hebel, um Nachhaltigkeit zu stärken. Politik- und Wirtschaftsvertreter aus der EU, Portugal und Brasilien waren sich auf der von BusinessEurope am 30. April 2021 veranstalteten Wirtschaftsdebatte einig: Mit dem Abkommen entsteht für die EU und den Mercosur mehr Nutzen als ohne.

Das EU-Mercosur-Abkommen würde Technologietransfers fördern und das Wirtschaftswachstum in beiden Regionen anregen. Darüberhinaus könnte es gerade die Mechanismen schaffen, die nachhaltige Landwirtschaft und kohlenstoffärmere Lieferketten umfassend fördern.

Laut Valdis Dombrovskis, Vizepräsident und Handelskommissar der EU-Kommission, ist das Abkommen in Hinblick auf Handel und nachhaltige Entwicklung eines der fortschrittlichsten, das die EU je verhandelt hat. Um bestehende Zweifel daran auszuräumen, hat die EU-Kommission vorgeschlagen, ein zusätzliches Instrument in das Vertragswerk aufzunehmen. Damit könnte die Einhaltung der Verpflichtungen zum Schutz von Klima und Umwelt besser überwacht und sichergestellt werden. Die Mercosur-Staaten sind zu Gesprächen darüber bereit.

Jetzt müssen beide Seiten an der Definition, Verhandlung und Implementierung dieses Instruments arbeiten. Dann könnte die formaljuristische Prüfung des Abkommens – das sogenannte „legal scrubbing“ – finalisiert werden. Dombrovskis erwartet dies für Ende 2021, der Ratifizierungsprozess könnte 2022 beginnen. Damit dies gelingt, müssen sich die positiven Stimmen unbedingt mehr Gehör verschaffen, so der Handelskommissar.

EU-Banner
© Pixabay/S. Hermann & F. Richter

Wirtschaft und Klimaschutz schließen sich nicht aus – ganz im Gegenteil

Der brasilianische Vizepräsident, General Hamilton Mourão, sieht deutsche Unternehmen in einer besonderen Rolle für den Wandel des Landes hin zu einer Green Economy. In einem virtuellen Gespräch mit dem LADW Ende September versicherte er, dass Wirtschaftswachstum in Brasilien nicht auf Kosten des Klimas gehen wird – wirtschaftliche Entwicklung und Schutz der Umwelt würden sich nicht ausschließen, sondern das Eine ginge nicht ohne das Andere. Mourão steht dem nationalen Rat für das Amazonasgebiet vor und steuert die Maßnahmen der Regierung zum Schutz des Regelwaldes.

Das EU-Mercosur-Abkommen hat aus Sicht des Vizepräsidenten eine strategische Bedeutung für mehr Klimaschutz in Brasilien. Denn das Land bekenne sich mit dem Abkommen zu Schutz, Bewahrung und nachhaltiger Entwicklung der Amazonasregion unter Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens – es gelte, die Region für die nachfolgenden Generationen zu erhalten.

Auch über die Potenziale für eine Vertiefung der bilateralen Zusammenarbeit haben die Vertreter der deutschen Wirtschaft mit dem Vizepräsidenten beraten. Angefangen von Landwirtschaft und Infrastruktur bis hin zu Industrie 4.0 und Digitalisierung. Dabei plädierten die LADW-Mitglieder für eine Verbesserung der Rahmenbindungen für deutsche Unternehmen in Brasilien, wie etwa durch den Abschluss eines neuen Doppelbesteuerungsabkommens.

Laut Mourão wird die brasilianische Regierung die begonnenen Reformen des Steuersystems fortsetzen, um Protektionismus, Bürokratie und staatliche Intervention weiter abzubauen und die Produktivität der brasilianischen Wirtschaft zu erhöhen. Gerade vor dem Hintergrund, dass die größte globale Krise seit dem 2. Weltkrieg durch den Ausbruch der COVID-19-Pandemie gemeinsam bewältigt werden müsse, spiele die Stärkung der Ökonomie eine entscheidende Rolle für die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas.

LADW_Gespräch_VP_Mourao
LADW im Gespräch mit Vizepräsident Mourão © Christian Kruppa
LADW_Gespräch_VP_Mourao_II
© Christian Kruppa