Gute Nachrichten vom Amazonas – doch wie reagiert jetzt die EU?

Brasiliens Amazonasrodungen sinken erstmals wieder. Gleichzeitig will Präsident Lula Südamerikas Regierungen zur Regenwaldrettung vereinen. Die Region übernimmt die Verantwortung beim Amazonasschutz.

von Alexander Busch, Lateinamerika-Korrespondent für Handelsblatt und NZZ

 

In den letzten Tagen gab es eine ganze Reihe an guten Nachrichten aus dem südamerikanischen Regenwald:

In Brasilien sind die Rodungen unter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in den ersten sieben Monaten seiner Amtszeit um fast die Hälfte zurückgegangen. Die abgeholzte Fläche betrug rund 3000 Quadratkilometer, etwa so viel wie zuletzt 2018. Vor allem die wiederhergestellten staatlichen Kontrollen dürften zum Rückgang der Rodungen im Amazonas geführt haben.

Gleichzeitig hielt Lula einen Gipfel der Amazonasanrainerstaaten ab. Dort traf er sich mit den Vertretern der Regierungen von Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru, Surinam und Venezuela, um den eingeschlafenen Amazonaspakt von 1978 wiederzubeleben.

Brasilien hat bei der Initiative automatisch die Führungsrolle. Rund 60 Prozent des Amazonas-Regenwaldes befinden sich hier, 13 Prozent in Peru, zehn Prozent in Kolumbien.

Die Verhandlungen waren nicht einfach: So konnten sich die Staaten nicht auf einen Entwaldungsstopp einigen, den Brasilien und Kolumbien bis 2030 anstreben. Das ist problematisch: Denn gerade in Staaten wie Bolivien mit weit weniger Regenwald sind die Rodungsraten in die Höhe geschossen. Das Land verbrannte im letzten Jahr fast so viel Regenwald wie das weitaus größere Brasilien.

Auch bleibt offen, ob künftig im Regenwald Öl, Gas oder Kohle gefördert werden dürfen. Fast alle Länder machen das. Doch Kolumbien – selbst ein wichtiger Kohleproduzent, aber mit versiegenden Öl-Quellen – will den Stopp aller Exploration, um nicht weiter Treibhausgas-Emissionen zu gerieren.

Einigen konnten sich die Staaten auf eine verstärkte Koordinierung gegen die zunehmende Kriminalität und das organisierte Verbrechen im Amazonasgebiet. Auch ein überregionales wissenschaftliches Panel, an dem indigene und andere traditionelle Amazonaswaldbewohner teilnehmen, wurde jetzt nach dem Vorbild des Klimarates der Vereinten Nationen gegründet. Damit soll die staatliche Regenwaldpolitik wissenschaftlich untermauert werden.

Der Gipfel ist trotz der unterschiedlichen Ansichten zum Regenwaldschutz ein politischer Erfolg für Südamerika und insbesondere Präsident Lula. Denn mit seiner Initiative könnte Südamerika weit mehr zum Regenwaldschutz beitragen, als wenn sich Brasilien oder jedes Land nur auf seinen Anteil am Amazonas konzentrieren würde.

Lula hat höherfliegende Pläne. Er will nicht nur als Sprecher Südamerikas zum Amazonas aktiv werden. Der Brasilianer will weitere Länder weltweit, die über Regenwald verfügen und ihn schützen wollen, zu einem gemeinsamen Vorgehen überzeugen.

Lula sendet damit ein starkes Signal nach Europa. Das gilt vor allem für die Verhandlungen über eine Freihandelszone zwischen der EU und dem Mercosur. Allen denjenigen, die Brasiliens Umweltpolitik bisher als ein Hindernis für ein Abkommen sehen, zeigt Lula, dass sich Südamerika in der Amazonasfrage bewegt hat. Jetzt liegt es an Europa, das anzuerkennen.

Amazonas
© Pixabay/TNeto

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