Argentinien und Brasilien nähern sich Russland und China an
Derzeit findet eine geopolitische Verschiebung in den Beziehungen zwischen Südamerika und dem Rest der Welt statt. Argentinien und Brasilien nutzen die Chancen, die sich mit der zunehmenden Konfrontation zwischen China, Russland und dem Westen ergeben.
von Alexander Busch, Lateinamerika-Korrespondent für Handelsblatt und NZZ
So war der argentinische Präsident Alberto Fernández die letzten Tage erst in China und Russland auf Staatsvisite unterwegs. In China schloss er ein Investitionsabkommen im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI) ab. 23 Mrd. Dollar will China die nächsten Jahre in die Infrastruktur des Pampalandes investieren, darunter auch in das vierte Atomkraftwerk Argentiniens.
Damit ist Argentinien das Land Nummer 20, welches sich in Lateinamerika eng mit China verbindet. Unter den großen Staaten sind dann nur noch Mexiko, Brasilien und Kolumbien nicht über ein BRI-Abkommen an China gekoppelt.
In Russland erklärte Fernández, dass Argentinien die Dominanz der USA und des Internationalen Währungsfonds stören würde. Zudem pries er sein Land als Brückenkopf an für russische Investitionen in Südamerika.
Das war ein diplomatischer Faux-Pas: Denn Argentinien hat vor wenigen Tagen ein für die Regierung wie Wirtschaft des südamerikanischen Landes überaus vorteilhaftes Abkommen mit dem Fonds abgeschlossen. Das geschah mit dem ausdrücklichen Segen der USA, aber auch der EU, die beim Fonds in Washington das Sagen haben.
Auch Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro will nächste Woche Russlands Präsident Wladimir Putin besuchen. Derzeit sind keine konkreten Abkommen vorgesehen. Es scheint, dass die beiden Staatschefs ihr Treffen vor allem als willkommene Gelegenheit nutzen wollen, um zu zeigen, dass sie in der Welt nicht isoliert sind.
Betrachtet man die Diplomatie der beiden südamerikanischen Staatschefs, dann lässt die sich durchaus strategisch rechtfertigen: Beide Staaten wollen unabhängig sein, mit allen reden, Handel treiben und Investitionen anziehen.
Zudem haben sie in der Corona-Krise gerade mitbekommen, dass China und Russland mit ihren Vakzin-Lieferungen wie Coronavac und Sputnik V die ersten Impfungen in Südamerika überhaupt erst möglich gemacht haben. Aus Europa und den USA kam lange Zeit keine Unterstützung in der Pandemie durch Impfstoffe.
Es sieht also alles danach aus, als würden Brasilien und Argentinien sich derzeit nicht nur von den USA, sondern auch von Europa entfernen. Beide Staaten sind die wichtigsten südamerikanischen Ökonomien. Sie dominieren zudem den Mercosur, mit dem die EU ein Freihandelsabkommen beschlossen hat. Das Abkommen könnte allein mit dem Beitritt Argentiniens zum BRI – wie auch dem Uruguays zuvor – infrage gestellt werden.
Das sind keine guten Nachrichten für das europäisch-südamerikanische Verhältnis.
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