Mexikos und Brasiliens Präsidenten und ihr Verhältnis zur Wirtschaft

Seit zweieinhalb Jahren sind in Brasilien und Mexiko Populisten am Ruder. In Brasilien regiert der rechte Ex-Militär Jair Bolsonaro. In Mexiko ist es der linke Berufspolitiker Andrés Manuel López Obrador. Anlass für ein Zwischenfazit.

von Alexander Busch, Lateinamerika-Korrespondent für Handelsblatt und NZZ

 

Mexiko und Brasilien sind die zwei wichtigsten Standorte der deutschen Industrie in Lateinamerika. Dort leben etwa 340 Millionen Menschen, also etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung Lateinamerikas. Sie produzieren rund knapp zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes der Region. Während deutsche Unternehmen in Brasilien vor allem den großen lokalen Markt beliefern, nutzen sie Mexiko vor allem als Exportplattform in die USA, aber auch weltweit.

Seit rund 30 Monaten sind in beiden Ländern populistische Präsidenten an der Macht. Obwohl sie ideologisch an den zwei Extremen des politischen Spektrums angesiedelt sind, regieren sie inhaltlich doch ziemlich ähnlich. Sowohl der linke López Obrador wie der rechte Bolsonaro haben wenig Respekt vor Gewaltenteilung, demokratischen Institutionen oder den Medien. Sie haben ihre Gesellschaften weiter gespalten. Wer nicht bedingungslos für sie ist, der ist ein Feind und wird diffamiert. Sie regieren beide am liebsten mit den Militärs. Obrador lässt sie in Mexiko Eisenbahnlinien bauen, Häfen verwalten und gegen die Drogenmafias kämpfen. Bolsonaro hat 6000 Militärs in Staatsämter und -unternehmen geholt. In seinem Kabinett sind sie in der Mehrheit. Umwelt- oder Klimafragen empfinden beide Politiker als lästig.

Doch sie pflegen einen anderen Stil: Während Bolsonaro gesellschaftspolitisch teilweise klar reaktionär und antidemokratisch auftritt – und damit ständig im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, auch im Ausland – ist auch der Linke Andrés Obrador überraschend konservativ. Doch das hängt er – wie auch seine autokratischen Vorlieben – nicht an die große Glocke, wie das Bolsonaro über die sozialen Medien ständig macht.

In der Pandemie haben beide ähnlich versagt, wenn auch mit unterschiedlichen Strategien: Beide leugnen die Pandemie, kümmerten sich lange nicht um Impfmittel und rieten der Bevölkerung, sich nicht zu isolieren. In Brasilien zahlte die Regierung im ersten Pandemiejahr noch großzügige Sozialhilfen und konnte die Rezession mildern. In Mexiko hielt der Linke die Kassen zu und Mexikos Wirtschaft stürzte ab.

Dennoch unterscheiden sie sich deutlich in ihrem Umgang mit der Wirtschaft. Verkürzt lässt sich sagen: Während Bolsonaro tendenziell eher marktwirtschaftlich auftritt, greift AMLO voll in die Mottenkiste der linken Wirtschaftspolitiken des letzten Jahrhunderts.

Staatskonzerne wie Pemex erleben ein unerwartetes Comeback. López Obrador hat die mühsam durchgeboxte Energiereform wieder zurückgedreht. Ausländische Konzerne, die in nachhaltige Energien investiert haben, erwischt er damit auf dem falschen Fuß. Der Privatwirtschaft steht er gleichgültig bis feindselig gegenüber, der Staat greift wieder überall ein.

Zwar ist auch Bolsonaro beileibe nicht der liberale Reformer, als den er sich im Wahlkampf darstellte, und von seinem Privatisierungsprogramm hat er kaum etwas realisiert. Doch mit etwas Glück könnten die hohen Rohstoffpreise und eine zunehmende Durchimpfung der Bevölkerung Brasiliens Wirtschaft bis zum Jahresende wieder in den Normalmodus bringen. In Mexiko dürften die Investoren vorsichtig bleiben wegen des widrigen Kurses der Regierung, trotz des Nachfragebooms in den USA, von dem die Industrie Mexikos traditionell als Zulieferer profitiert.

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