Ausländische Konzerne vorsichtig mit Investitionen in Lateinamerika

Bei den letzten Infrastruktur-Ausschreibungen in Brasilien haben sich ausländische Investoren zurückgehalten. Die politische Unsicherheit und die durchwachsenen Wachstumserwartungen in der Region sind der Grund – das betrifft derzeit fast alle Staaten.

von Alexander Busch, Lateinamerika-Korrespondent für Handelsblatt und NZZ

 

Die brasilianische Regierung feierte die Ausschreibung des Flughafens von Congonhas letzte Woche als einen Erfolg. Das spanische Flughafenbetreiber Aena erhielt den Zuschlag mit dem doppelten Mindestgebot. Congonhas in São Paulo ist der zweitwichtigste Flughafen Brasiliens und einer der wichtigsten Lateinamerikas.

Dennoch verlief die Auktion unter den Erwartungen: Aena war das einzige interessierte Unternehmen. Alle anderen potenziellen Mitbewerber nahmen nicht teil. Dabei hatten Flughafen Zürich, Fraport aus Deutschland oder Vinci aus Frankreich in den letzten Jahren immer wieder erklärt, dass sie interessiert seien, ihr bereits bestehendes Portfolio in Brasilien auszuweiten.

Das verhaltene Interesse der ausländischen Unternehmen an Investitionen zeigt sich auch in den Nachbarländern: Auch Argentinien, Chile, Peru oder Kolumbien verzeichnen rückläufige Investitionen ausländischer Konzerne.

Dafür gibt es lokal unterschiedliche Gründe – aber einige Trends lassen sich erkennen. So hat das brasilianische Instituto Brasileiro de Economia da Fundação Getulio Vargas (FGV Ibre) in einer Umfrage in zehn lateinamerikanischen Ökonomien festgestellt, dass sich die Stimmung über die wirtschaftlichen Aussichten für die nächsten Monate massiv eingetrübt hat. Derzeit sind die Wachstumsaussichten schlechter als die Marktteilnehmer sie inmitten der Weltfinanzkrise 2009 sahen.

Tatsächlich rechnen die meisten Investmentbanken für 2023 mit einer stagnierenden Wirtschaft in Lateinamerika. Der Inflationsdruck hält an. Dadurch steigen die Kosten der Investitionen. Gleichzeitig erhöhen die Zentralbanken die Zinsen, was den Konsum einschränkt.

Doch es sind auch politische Gründe, welche Investoren derzeit vor Investitionen in Lateinamerika abschrecken. Das gilt für Länder wie Argentinien, die sich inmitten schwerer Krisen befinden. Dort ist unklar, ob es die Regierung noch schafft, bis zum Ende der Legislaturperiode zu regieren. Gleichzeitig kontrolliert sie massiv den Kapitalverkehr, so dass Investoren nicht abschätzen können, wie und wann sie Ihr Kapital abziehen oder Dividenden beziehen können.

In Chile wiederum haben vor allem Bergbauunternehmen ihre Investitionen auf Eis gelegt. Sie wollen wissen, mit welchen Rahmenbedingungen sie künftig investieren werden. Denn in der neuen Verfassung, über die am 4. September abgestimmt wird, sind deutliche Einschränkungen für Konzessionen und Abgabenerhöhungen vorgesehen. Die müssen jedoch in jedem Falle erst noch mit einfachen Gesetzen umgesetzt werden. Nach Angaben des Bergbauverbandes sind derzeit Investitionen in Höhe von 30 Mrd. Dollar blockiert.

In Brasilien wiederum warten die Investoren ab, ob es bei den Wahlen im Oktober einen Wechsel gibt. Der schlechte Ruf Brasiliens vor allem in Europa wegen der Umwelt- und Amazonaspolitik der derzeitigen Regierung von Präsident Jair Bolsonaro hält Investoren von einem größeren Engagement ab.

Schon bei den letzten Infrastrukturausschreibungen für Fernstraßen 2021 zeigte sich: Neue Investoren scheuen sich, derzeit nach Brasilien zu kommen. Lediglich bereits in Brasilien investierte Konzerne weiten ihr Engagement aus.

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© Unsplash/Lukas Souza

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