Chile bietet sich der EU als Energiepartner an

Madrid, Paris, Berlin und London – das waren die Stationen der einwöchigen Reise von Nicolás Grau, chilenischer Minister für Wirtschaft, Entwicklung und Tourismus. Er besuchte Europa Ende September, um neue Investitionen in sein Land zu holen. Der Zeitpunkt ist günstig: Mit seinen großen Reserven an kritischen Rohstoffen wie Lithium und dem hohen Potenzial für erneuerbare Energien rückt der Andenstaat zunehmend in den Fokus der EU – auch angesichts der aktuellen Energiekrise in Europa.

Chile eigne sich für langfristige Investitionen, erklärte Grau in einem Gespräch mit der deutschen Wirtschaft am 30. September in Berlin. Das Land mit seinen knapp 20 Millionen Einwohnern habe eine stabile Demokratie mit funktionierenden Institutionen. Dies wurde nicht zuletzt mit der aktuellen Verfassungsreform unter Beweis gestellt: Anfang September lehnten zwar 62 Prozent der Chilenen den in den vergangenen Monaten erarbeiteten Entwurf ab, doch ein neuer Prozess ist in Vorbereitung. Und das alles ohne Unruhen, die noch 2019 das Land überrollt haben.

Viele Chancen locken zudem in Sektoren wie Bergbau, Energie, Digitalisierung oder Logistik ausländische Investoren nach Chile. Das Land ist auf dem Weg, ein wichtiger Lieferant für wettbewerbsfähigen grünen Wasserstoff zu werden. Deutschland und Chile verbindet bereits seit 2019 eine Energiepartnerschaft. In deren Rahmen führt Siemens Energy mit Porsche und weiteren Partnern das Projekt „Haru Oni“ zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und Folgeprodukten im Süden Chiles durch.

Große Chancen für die bilaterale Zusammenarbeit mit Chile birgt auch die Modernisierung des seit 2002 bestehenden Handelsabkommens mit der EU. Auf technischer Ebene wurden die Verhandlungen für das modernisierte Abkommen im Oktober 2021 abgeschlossen. Aktuell bereiten beide Seiten den politischen Abschluss vor.

Eine Steuerreform, die von Graus Ministerium vorbereitet wird, soll Chile attraktiver für Investitionen machen. Unternehmen und Verbraucher haben derzeit mit den höchsten Inflationsraten der letzten 30 Jahre zu kämpfen. Mit dieser Steuerreform könnte sich auch die Grundlage für Verhandlungen über das fehlende Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung zwischen Deutschland und Chile verbessern. In der gegenwärtigen Situation würde die deutsche Wirtschaft jede Erleichterung für Handel und Investitionen sehr begrüßen.

Chile Atacama
© Pixabay/Sebastian del Val

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