In Politik und Wirtschaft Südamerikas geht trotz Corona der Alltag weiter

Viele Staaten in der Region haben die Lockdown-Maßnahmen wieder verschärft. Trotzdem fanden jetzt in Ecuador und Peru Wahlen statt. In Brasilien versteigerte die Regierung erfolgreich Lizenzen für Flughäfen, Schienentrassen und Häfen.

von Alexander Busch, Lateinamerika-Korrespondent für Handelsblatt und NZZ

 

Peru und Ecuador sind in Südamerika die Länder, die mit am schwersten unter den Folgen der Pandemie leiden. Dennoch haben die Staaten am letzten Sonntag Präsidentschaftswahlen abgehalten. Die völlig unterschiedlichen Ergebnisse lassen keinen Schluss darüber zu, inwieweit der Corona-Virus die politische Landschaft in Lateinamerika verändern wird.

In Ecuador gewann der konservative Banker Guillermo Lasso überraschend deutlich vor dem Linkskandidaten Andrés Arauz. Das freut die Wirtschaft. Sie hofft, dass Lasso von einem Aufschwung der Öl- und Rohstoffpreise profitieren könnte, mit denen Ecuador seine Exporteinnahmen erwirtschaftet. Zudem hat sich das Land erst kürzlich mit dem IWF geeinigt. Dafür wird Lasso zwar die Einnahmen für den Staatshaushalt steigern müssen, aber das hochverschuldete Land zahlt dafür die nächsten Jahre kaum Kredit zurück. Lasso hofft auf das Wohlwollen ausländischer Investoren gegenüber einer liberalen, marktwirtschaftlichen Regierung. Im Kongress hat er nur eine kleine Minderheit der Sitze.

In Peru dagegen ist weiterhin offen, wer das Land regieren wird. Der linke Gewerkschafter Pedro Castillo, der in den Umfragen als chancenlos galt, hat im ersten Wahlgang gewonnen. Keiko Fujimori, bereits zwei Mal knapp gescheitert als Präsidentschaftskandidatin und verstrickt in Korruptionsvorwürfe, wird gegen ihn in Stichwahlen am 6. Juni antreten. Beide Kandidaten haben zusammen nur ein Drittel der abgegebenen Stimmen gewonnen. Es ist völlig offen, was mit dem Andenland geschehen wird, das in den letzten 20 Jahren am stärksten gewachsen ist in Südamerika.

In Brasilien gelang der Regierung in der so genannten „InfraWeek“ erfolgreich ein ganzes Paket an Konzessionen zu versteigern. Rund 600 Millionen Dollar zahlten die Konzerne für die Lizenzen und haben Investitionen in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar zugesagt.

So boten Unternehmen für die Genehmigungen für den Betrieb von 22 Flughäfen. Zwei Lizenzen gingen an die brasilianische Betreiber-Gruppe CCR und eine an den französischen Konzern Vinci. Die Unternehmen boten hohe Agios auf den Mindestpreis. Mit der Versteigerung werden künftig drei Viertel des nationalen Flugverkehrs in privat betriebenen Terminals abgewickelt.

Die West-Ost-Eisenbahnlinie (Fiol) mit verbundenem Hafen für den Erzexport in Bahia ging an das kasachische Bergbauunternehmen Eurasian Natural Resources PLC (ENRC PLC). Fünf Hafenterminals in Maranhão und Rio Grande do Sul wiederum ersteigerten lokale Gruppen wie Santos Brasil. Es ist erstaunlich, dass Brasilien inmitten des unklaren Wirtschaftskurses der Regierung und der wachsenden politischen Spannungen Investoren für langfristige Projekte gewinnen kann.

Dennoch wurde genau registriert, dass sich zwei Investorengruppen fernhielten. Chinas Konzerne, die bei den Vorbereitungen der Ausschreibungen noch aktiv dabei waren, haben sich anscheinend aus brasilianischen Infrastrukturprojekten zurückgezogen. Auch langfristige Finanzinvestoren wie in- und ausländische Pensionsfonds glänzten durch Abwesenheit, trotz des Mangels an langfristigen Investitionsprojekten und der hohen Liquidität weltweit.

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