Kommt Bewegung in die Integration Lateinamerikas?
Mexiko will einen neuen Integrationsversuch in Lateinamerika anführen. Das ist eine gute Idee, denn alle anderen Integrationsprojekte in der Region stehen still. Es sieht jedoch nicht danach aus, als könnte die Wirtschaft von der Initiative profitieren.
von Alexander Busch, Lateinamerika-Korrespondent für Handelsblatt und NZZ
Das waren überraschende Neuigkeiten, beim Treffen der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) vor zwei Wochen: Der mexikanische Gastgeber Präsident Andrés Manuel López Obrador erklärte, dass sein Land den Integrationsprozess in Lateinamerika neu antreiben wolle. Die EU sei das Vorbild. Das waren die ersten öffentlich verkündeten multilateralen Integrationsabsichten in Lateinamerika seit langer Zeit.
Es scheint, dass Mexiko damit das Vakuum besetzen will, dass Brasilien in der Region hinterlässt. Seit knapp einer Dekade konzentriert sich Brasilien verstärkt auf sich selbst und hat die Kooperation innerhalb Lateinamerikas auf ein Minimum beschränkt.
Mexikos Regierung ist in den letzten Wochen bereits als Unterstützer des Verhandlungsprozesses zwischen der venezolanischen Opposition und dem Regime außenpolitisch aktiv geworden.
Dennoch sind die Aussichten für einen neuen Integrationsschub für die Wirtschaft gering: Die CELAC ist zerstritten. Die vor zehn Jahren gegründete, aber kaum aktive Gemeinschaft versteht sich als politische Alternative zur Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), bei der auch Kanada und die USA Mitglied sind, aber nicht Kuba.
So wirkt die CELAC vor allem als Plattform der eher linken Regierungen, die sich zudem scheuen, auf die Demokratiedefizite in Venezuela, Nicaragua oder Kuba hinzuweisen. So waren beim Mexiko-Treffen auch nicht die Präsidenten von Chile, Kolumbien und Argentinien vertreten. Brasilien hat unter Präsident Bolsonaro bereits Anfang 2020 die CELAC verlassen. Bis auf Mexiko sind die wirtschaftlich wichtigsten Staaten der Region dort also nicht aktiv.
Doch auch alle anderen Integrationsbemühungen in Lateinamerika sind derzeit eingeschlafen Die Integrationsprojekte des Mercosur mit der EU, EFTA, Kanada und Singapur bewegen sich nicht. Auch innerhalb der südamerikanischen Gemeinschaft herrscht Unfrieden. Uruguay will mit China eigene Verhandlungen für einen Abkommen beginnen. Die Pazifik-Allianz, die von Chile, Peru, Kolumbien und Mexiko gegründet wurde, weitet sich zwar ständig mit neuen Mitgliedern aus. Doch Synergien zwischen den Ländern der Gemeinschaft entstehen kaum.
Trotzdem könnte Mexikos Versuch, die politische Integration zu beleben, durchaus erfolgreich sein: Dafür müssten bei den nächsten Wahlen in Kolumbien, Chile und Brasilien Links-Mitte Kandidaten gewinnen, was gut möglich sein könnte. Dennoch ist unwahrscheinlich, dass ein flächendeckender Linksrutsch in Lateinamerika die wirtschaftliche Integration beschleunigen wird.
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